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Das Wunder von Küttigkofen

Mit Mut und Kreativität hat Claudia Zimmermann aus einer Scheune im solothurnischen 270-Seelen-Dorf einen Bioladen gemacht. Sogar ein Kinofilm würdigt ihr nachhaltiges Konzept.

Wir schreiben das Jahr 2019. In der ganzen Schweiz muss ein Dorflädeli nach dem anderen schliessen, und die Menschen erledigen ihre Einkäufe im nächstgelegenen Supermarkt. In der ganzen Schweiz? Nein! Ein Dorf hört nicht auf, Widerstand zu leisten. Das Dorf, an dem Asterix und vor allem der verfressene Obelix ihre Freude hätten, heisst Küttigkofen, liegt rund 10 Kilometer südwestlich von Solothurn und ist die Heimat des wohl bemerkenswertesten Bioladens des Landes.

Gegründet hat ihn Claudia Zimmermann, die mit ihrem Mann Matthias im Ort einen Bio-Bauernhof mit 27 Hektar Nutzfläche, Rindern, Schweinen und Ackerbau betreibt.

«Bei uns im Dorf gab es keinen Laden mehr, wohl aber Menschen, die Lebensmittel produzierten. Ich fragte mich: Wieso sollte es eigentlich nicht möglich sein, diese Waren an Ort und Stelle an die Leute zu bringen?», erinnert sich die gelernte Kindergärtnerin. Heute – rund drei Jahre später – kommen Kunden aus Küttigkofen, den umliegenden Dörfern und sogar aus der Kantonshauptstadt Solothurn zu ihr, um ihre Einkäufe zu erledigen. «Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass der Laden ein solcher Erfolg werden würde», sagt sie.

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Ein Teil der Produkte, die Claudia Zimmermann in ihrem Laden anbietet, stammt natürlich vom eigenen Hof. Das Fleisch von glücklichen, auf einer grossen Wiese mitten im Dorf lebenden Schweinen zum Beispiel, dazu Mehl, Kartoffeln, Gemüse und sogar Schnaps. Die Bio-Enthusiastin konnte mit ihrem Projekt aber auch andere begeistern, mitzuziehen: «Ich habe einer Bäuerin aus der Nachbarschaft angeboten Brot, Eier und Milch von ihrem Betrieb bei uns zu verkaufen, unter der Bedingung, dass sie die Produktion auf Bio umstellt.» Diese Brot ist heute einer der grossen Renner im Bioladen Küttigkofen. Und besagte Bäuerin hat inzwischen eine eigene Backstube gebaut.

Insgesamt sind es zwölf Bauernhöfe aus der Region, die ihre Ware an Claudia Zimmermanns Geschäft liefern. Von Milch über Butter und Käse bis zu Honig, Glace und Eiern. Für die Kundschaft bedeuten solche Kooperationen höchste Qualität und absolute Frische dank kurzen Wegen. Für die Umwelt erhebliche Einsparungen an CO2, weil lange Transporte und unnötige Verpackungen wegfallen. Auch Foodwaste, eines der ganz grossen Probleme des Handels, kennt der Bioladen Küttigkofen nicht. Bleibt etwas liegen, verarbeiten es die Zimmermanns nach Ladenschluss zu Eingemachtem und Getrockneten – oder sie essen es ganz einfach auf. Zudem beliefern sie zwei Einrichtungen in der Gegend mit allen Zutaten für deren Mittagsmenüs. 

Ein weiteres Puzzleteil in Claudia Zimmermann Engagement für Nachhaltigkeit sind die Kurse, die sie im Sommer im Rahmen des Ferienpasses anbietet. Wenn sie mit den Kindern Kartoffeln im Boden eingräbt und Chips herstellt, weckt sie deren Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln. Wer weiss, welche Arbeit und wie viel Liebe in einer einzigen Kartoffel steckt, wirft diese nicht mehr leichtfertig weg, wenn sie an einer Stelle nicht mehr ganz perfekt aussieht.

Seit Februar ist Claudia Zimmermann nun sogar in gewisser Weise Filmstar – als Protagonistin in Nino Jacussos Dokumentarfilm «Fair Traders». «Der Film solle Mut machen, dem Beispiel Zimmermanns und der beiden anderen Porträtierten zu folgen und für das Gute zu kämpfen», sagte Jacusso anlässlich einer Vorführung von «Fair Traders».

Geöffnet ist der Bioladen Küttigkofen am Mittwoch und Donnerstag zwischen 14 und 19 Uhr sowie am Samstag von 9 bis 13 Uhr.

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