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«Vom ersten bis zum letzten Tag wird alles von Hand gemacht»

In der Schweiz werden grosse Mengen an Wein produziert. Dabei erzeugen die Kantone Wallis und Waadt fast 60 Prozent der inländischen Gesamtmenge. Davon abgesehen, dass der Konsum lokaler Produkte nachhaltiger ist, gilt es auch, einen ganzen handwerklichen Berufszweig zu erhalten.

In Chexbres, mitten im Lavaux, führt Christelle Conne das Weingut «Cave Champ de Clos», das sich von Saint-Saphorin über Dézaley und Montreux bis Ollon erstreckt. Sie entstammt einer Winzerfamilie, die bereits seit dem 15. Jahrhundert in der Region ansässig ist, und baut hauptsächlich die Rebsorten Chasselas und Pinot Noir an, aber auch Gamaret, Garanoir, Merlot, Chardonnay und Gewürztraminer. Dieses Geschäft ist mit viel Heimatliebe verbunden. Das betrifft zum einen die Zulieferer: «Die Flaschen kommen aus Saint-Prex, die Kartons aus Moudon und die Etiketten werden in Châtel-St-Denis hergestellt» – zum anderen den Vertrieb: «Wir verkaufen nichts ins Ausland.»

Doch vor allem wird in sämtlichen ihrer Rebberge echte Handwerksarbeit geleistet. «Vom ersten bis zum letzten Tag wird alles von Hand gemacht.» Christelle Conne kommt gar nicht auf die Idee, viel Aufhebens um diese Arbeitsweise zu machen. «In vielen grossen Weinbaugebieten in anderen Ländern betont man, dass die Ernte von Hand gemacht wird, dabei dauert die Lese nur gerade zwei Wochen im Jahr! Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit. Denn wir sind das ganze Jahr über zu Fuss in unseren Weinbergen. Die anderen Arbeitsschritte in vielen der grossen Weinberge im Ausland erfolgen hingegen maschinell.»

Christelle Conne_14

Tatsächlich ist der Importwein in den Schweizer Konsumgewohnheiten eine feste Grösse. Gemäss den neuesten Zahlen des BFS von 2017 stammen beinahe 65 Prozent der Weine, die hierzulande getrunken werden, aus dem Ausland. Die oft niedrigeren Preise machen sie für die Konsumenten attraktiv. Doch dabei sollte der CO2-Ausstoss durch den Transport nicht ausser Acht gelassen werden. Sébastien Humbert ist Experte für Lebenszyklusanalyse und nachhaltige Entwicklung bei Quantis International in Lausanne. Ihm zufolge führt importierter Wein aufgrund des Transports zu einer höheren CO2-Belastung von 100 bis 200 Gramm pro Einheit. 700 Gramm sind es sogar, wenn der Wein zum Beispiel aus Australien kommt. Doch man muss sich die Weltkarte genauer ansehen, denn ein Wein aus Südspanien kann eine ebenso hohe Umweltbelastung verursachen wie ein Wein aus Amerika. Tatsächlich legt er mehr Kilometer im LKW zurück als eine Flasche, die grösstenteils im Frachter unterwegs ist, was viel weniger Auswirkungen auf das Klima hat. 

Christelle Conne verweist darauf, dass abgesehen von der Transportfrage auch die Produktionsmethoden einen Einfluss auf das Klima haben können: «In Chile zum Beispiel regnet es nur selten. Dort werden die Weinberge tropfbewässert, so kann man genau regeln, wie viel Wasser zu welchem Zeitpunkt gebraucht wird.» Da kommen enorme Wassermengen zusammen, während die Winzer im Kanton Waadt nicht bewässern dürfen und daher vom Wetter abhängig sind. Für Sébastien Humbert gibt es noch weitere Faktoren, die der Verbraucher berücksichtigen sollte: «Manche Erzeuger machen den Fehler, grosse, schwere Flaschen zu produzieren. Auch das hat Folgen, denn das dafür verwendete Glas erfordert in der Herstellung enorm grosse Brennstoffmengen.»

Natürlich würden die 70 bis 100 Millionen Liter, die hierzulande jährlich produziert werden, nicht ausreichen, um auf die 250 Millionen Liter zu kommen, die im gleichen Zeitraum von den Schweizern getrunken werden. Doch mit Wein aus Schweizer Anbaugebieten, aus einem Familienbetrieb wie dem von Christelle Conne, steht uns ein lokales Produkt zur Auswahl – Qualitätsjahrgänge, die nicht Tausende von Kilometern zurückgelegt haben, bevor sie bei uns auf den Tisch kommen. Und wie bei vielen Produkten ist es natürlich wichtig, den Wein generell nicht zu verschwenden. Das wäre nämlich sehr schade.

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