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So eine zufriedene Ziege ist selten

In Châtel-Saint-Denis haben sich die Betreiber eines Bauernhofs für einen respektvollen Umgang mit Tieren und der Umwelt entschieden. Dieses Engagement verbinden sie mit dem Einsatz für vom Aussterben bedrohte Rassen.

Obwohl Châtel-Saint-Denis auf nur 800 Metern Höhe liegt, kommt man sich vor wie inmitten einer Berglandschaft. Hier bewirtschaften Stéphane Vial und seine Frau Sylvie ihren Hof, den sie «La Ferme des Sens» («Hof der Sinne») getauft haben. Der Name rührt nicht nur daher, dass dieser Ort alle Sinne anspricht, sondern er hat auch damit zu tun, dass die Arbeit, die dort tagtäglich geleistet wird, eine sinnvolle ist. «Wir bemühen uns, unsere Wiesen möglichst natürlich zu belassen. Wir mähen nur zweimal im Jahr und lassen einige Sträucher und Steinmauern stehen. Wenn man über unsere Wiesen läuft, wimmelt es dort von Lebewesen. Es gibt unzählige Schmetterlinge und Heuschrecken. Die Flächen der Grossbetriebe sind im Vergleich dazu lebensfeindlich und tot», erklärt Stéphane Vial.

Auf seinem Bauernhof kann man Körbe mit Biogemüse kaufen. Diese werden hergerichtet von Bewohnern eines Behindertenheims, in dem auch der Landwirt zu 40 Prozent beschäftigt ist. Den wichtigsten Zweig des Betriebs bildet aber die Zucht seltener Nutztier-Rassen bei artgerechter und umweltschonender Haltung.

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In diesem Zusammenhang arbeiten die Vials mit Pro Specie Rara zusammen, einer Schweizer Stiftung, die gefährdete Nutztier-Rassen und Kulturpflanzen vor dem Aussterben bewahren will. So züchtet Stéphane Wollschweine und langborstige Hausschweine, die Wildschweinen nicht unähnlich sind. «Die Lebensmittelindustrie will nur noch rosa Standardschweine. Die werden ganz anderes gehalten als unsere Tiere. Meine Schweine haben Platz und sind an der frischen Luft. Sie werden nur mit Heu, Gras, Äpfeln und anderen Früchten gefüttert. Und sie bleiben etwa zwei Jahre bei uns, während herkömmliche Mastbetriebe die Tiere mit vier bis sechs Monaten schlachten.»

Neben Wollschweinen und Schweinen der Rasse Turopolje (eine kleine, gefleckte Sorte) werden auf dem Bauernhof auch Appenzeller Hühner und Ziegen gehalten, ebenfalls von Pro Specie Rara unterstützte Rassen, sowie zwei Esel, die auf natürliche Weise die Weiden von Parasiten befreien. Der Hof hält ausserdem eine Herde Rätisches Grauvieh und Galloway-Rinder, zwei robuste Rassen, die ebenfalls ganz natürlich im Rhythmus der Jahreszeiten gehalten werden. «Meine Kühe leben im Freien, und ich füttere weder Getreide noch Mais oder Rüben. Meiner Meinung nach brauchen Wiederkäuer Gras.» Es gibt auch drei Milchkühe, mit denen der Landwirt ein wenig Milch produziert. «Wir lassen die Kälber bei den Müttern, die wir einmal täglich zusätzlich melken. Auf diese Weise entfällt das Trauma des Absetzens.»

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Natürlich hat Stéphane Vials Ansatz Konsequenzen. «Klar ist mein Fleisch etwas teurer als das aus Massentierhaltung, aber wenn die Leute zu mir auf den Hof kommen, können sie mit eigenen Augen sehen, wo ihr Fleisch herkommt.» Zudem kann diese Form der Haltung auch indirekte wirtschaftliche Vorteile bringen. «Ich hatte in den letzten zehn Jahren so gut wie keine Tierarzt-Kosten. Der Veterinär musste nur einmal bei der Geburt eines etwas gross geratenen Kalbs helfen.» Gut gepflegte und gesund ernährte Tiere sind Garanten für Qualitätserzeugnisse und umweltschonende Landwirtschaft.

«Schon seltsam manchmal, dass die Leute die Zusammenhänge nicht erkennen: Sie achten darauf, sich selbst gesund zu ernähren, scheren sich aber nicht darum, womit die Tiere gefüttert werden», sagt Vial. Dabei sollte uns das sehr wohl kümmern. Immerhin stehen wir Verbraucher in der Nahrungskette ganz am Schluss. Es ist nicht nur wichtig, regionale Produkte zu konsumieren, sondern vor allem auch Erzeugnisse aus tier- und umweltfreundlicher Produktion.

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