Back to top

«Gebe lieber 50 statt 140 Franken
aus beim Tanken»

Ein starkes Auto könnte er gratis fahren, doch der bekannteste Snowboarder der Schweiz hat sich dagegen entschieden.

Safiental

Als Olympiasieger Iouri Podladtchikov kurz vor dem Saisonstart in die Schweizer Berge fährt, hat er nicht nur sein Snowboard dabei. Alles ist bereit für den Winterbetrieb, doch nicht einmal auf 3000 Metern Höhe liegt überall Schnee. In der Lenzerheide holt er sein Rollbrett aus dem Kofferraum und skatet die Strasse hinunter, vorbei an einem Flecken Schnee, der verloren auf einer braunen Wiese liegt. Produziert hat das Weiss eine Schneekanone, die seit Tagen stillsteht. Es ist nicht kalt genug für die Produktion von technischem Schnee. Er strahlt. Skaten sei seine erste Liebe, seine Herkunft, wie Podladtchikov sagt. Und aus dem Skaten ging das Snowboarden hervor, seine grosse Liebe - und der Sport, der ihm die grössten Siege und ein Leben auf Achse bescherte.

Er reist um die Welt für Wettkämpfe, Sponsorenauftritte und seine dritte Leidenschaft, das Fotografieren. Dabei sitzt er nicht nur viel im Flieger, sondern oft auch im Auto. «Seit ich 18 bin, fahre ich über 30’000 Kilometer im Jahr», sagt er auf dem Weg zur Talstation. Früher war das Auto für ihn ein PS-starkes Statussymbol. Nach seinem Olympiagold 2014 bekam er einen Sportwagen mit über 400 Pferdestärken zur Verfügung gestellt. Heute ist ihm ein anderer Status wichtiger: Bewusst wählen. Deshalb tauschte der 30-Jährige sein Auto gegen einen Plug-in-Hybrid. Der Wagen ist mit 205 PS noch immer sportlich, aber viel effizienter und produziert deshalb weniger CO2.

Safiental

Wie passt das zu seiner Vielfliegerei? «Beim Auto kann ich etwas ändern, ein Zeichen setzen», sagt Podladtchikov. Das sei bei vielen anderen Dingen nicht so einfach. Das Fliegen etwa gehöre zu seinem Job und seinem Lebensziel als Profiboarder. «Wenn es co2tiefergelegte Flugzeuge gebe, würde ich sie sofort benutzen». Bewusster Leben bedeute für ihn nicht banaler Verzicht, sondern bewusste Wahl. «Dazu gehört vieles, gerade beim Thema CO2 , das sehr komplex ist.» Er lebt in einer 2000-Watt-Liegenschaft, fährt mit reinem Stromantrieb in die Stadt und denkt öfter als früher über seinen Konsum nach, beispielsweise beim Fleisch. Als er auf dem Parpaner Rothorn aus der Gondel steigt, steht er auf blanken Steinen - im November, auf 2865 Metern über Meer. Beim Blick ins Tal sieht er keine durchgehende Abfahrt.

Er zitiert Quincy Jones, einen der einflussreichsten Musiker und Produzenten, der sagte: «To be hip, you have to be aware». Frei übersetzt: Um zeitgemäss zu sein, musst du die Augen offen haben. Menschen etwas vorschreiben will Podladtchikov aber nicht. Vielmehr habe er als Vorbild eine Verantwortung und könne vielleicht andere inspirieren, sich ebenfalls bewusst zu entscheiden. «Jede und jeder kann den eigenen Schaden verringern.» Das kann nicht nur ein gutes Gefühl auslösen, sondern auch handfeste Vorteile haben. Diesen Gewinn erlebt er jede Woche. «Beim Tanken gebe ich viel lieber 50 statt wie früher 140 Franken aus». Möglich macht das der sehr effiziente Motor, der zusammen mit dem Elektroantrieb und vollen Batterien rund 2 Liter Benzin und 11,5 kWh auf 100 Kilometer verbraucht (gemäss Normfahrzyklus).

Energieschweiz